Wörter im Advent
Kann ein einziges Wort berühren? Kann ein Wort dem Takt deiner Schritte neuen Rhythmus verleihen? Und der Reichweite deiner Blicke überraschende Türen und Fenster öffnen? Kann ein Wort erweichen, wohltun und wohlklingen, weil es nichts von dir will, außer dir nahe zu sein? Kann ein Wort wandeln? Zum Staunen, Summen, Geben und Segnen anstiften? Deiner und meiner Hoffnung Schwingen verleihen?
Ich denke an diese Weihnachtsverheißung, an dieses verletzliche, nackte, schier ohnmächtig verkörperte „Wort“, das nicht viel erwartet, aber alles erhofft: einen Platz zum Ankommen mitten in der Stadt.
Es hat mich nicht mehr losgelassen, dieses: "Aber sprich nur ein Wort..." Dann habe ich mich auf Herberssuche begeben:
Ich habe ein kurzes Gedicht oder Wortbild geschrieben, wenn man das so sagen kann, oder mag. 24 Zeilen, aus denen ich 24 Wörter entnommen habe. Wer würde sie aufnehmen, diese 24 Worte im Advent? ... Bei jeder Anfrage war ich unheimlich nervös ... Denn plötzlich war alles geschlossen. Fühlbare Stille. Ganz viel leer. Darf ich in solch einem Moment um etwas bitten? Um etwas, das so „unnütz“ erscheint, doch für mich eine Welt bedeutet?
Ich kann aus tiefstem Herzen sagen: Ich habe so viel Wärme und Freundlichkeit erfahren. Manchmal vielleicht ein: "ja, sind Sie sicher, dass man das versteht?"
Fast alle Wörter haben Gastgeber*innen gefunden, weil Menschen sich und ihre Läden öffnen, ein Wort ruhen lassen auf ihren Scheiben, Fenstern und Türen. Manchmal haben die Gastgeber*innen ein Wort gewählt, das sie berührte. Manchmal durfte ich dies für sie tun.
Vom OK-Platz über die Bischofstraße, von der Herrenstraße bis in die Altstadt, Gassen, Wege, Hügeln, über das Zentrum hinaus, manchmal versteckt, manchmal offensichtlich.
Einmal am Tag erscheint ein neues Wort im Stadtraum. Und am Ende entsteht ein Gedicht. Welch schöner Gedanke, ein poetisches Netz ... ausgespannt über die Stadt und die Menschen.
Einzelne Wörter, die einladen wollen zu atmen und weiterzuspinnen, damit aus Knotenpunkten Berührungspunkte werden, ein überraschend möglichkeitsreicher Text.
Ich werde die Wörter nicht allein lassen, sondern sie begleiten. Ich kann dies tun, weil auch ich mich nicht alleine weißt. Manchmal zeige ich ein Bild eines Menschen, eines Ortes. Ein Wort. Vielleicht entsteht der ein oder andere Text – vielleicht von mir, oder von „Fremden“. Ja, vielleicht auch von dir? Ich werde da sein. Und einfach zu-schauen, zu-lassen, was passiert.
Heut eröffnet der "Himmel" den Advent. Ich wünsch dir von Herzen, dass du ihn findest oder er dich...