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Wann ist es genug?

Wann ist es genug?

Manchmal bin ich mir so zugänglich wie ein weites Land. Da sind meine Gedanken schneller als meine Finger sein könnten. Es sind so leibliche Gedanken, dass ich gar nicht weiß, ob die Wörter dafür schon gefunden sind. Wörter, die zu Herzen gehen und den Verstand aufwecken, ohne ihn zu erschrecken, sondern ihn heraus fordern zu erproben, ob er denn sinn-en-voll ist. Wo ich Buchstabe für Buchstabe gerne körpergroß und in Bewegung auf die Straße tragen würde, um zu sehen wo einer landet, wen er findet, wo er anhaftet und verweilt, wo er weiterzieht, wen er küsst, wo er sich hinlegt. Manchmal passiert es, da läuft ein Text ab, irgendwie in mir. Wie Wasser, das unter der Dusche sich über jeden Zentimeter der Hautoberfläche ergießt. Als wäre das Außen und das Innen eins, oder vielmehr die vielen Innenleben eins, mit einem noch weiter dahinter liegenden Hinterland ein Bündnis eingegangen. Die vielen Stimmen erklingen stumm in ein und demselben Chor, ohne eine Partitur zu benötigen. Es herrscht Einvernehmen. Es sind keine Tage oder gar Stunden, die mich so innig schauen ließen und mich mir näher rücken lassen, das Gefühl in mir wachsen lassen, Gastgeberin in meiner eigenen Behausung zu sein. Mich sehen lassen, ohne dass ich mich be-greifen könnte. Es sind so kurze, flüchtige Momente, die mir eine Ruhe in mein aufgescheuchtes Herz legen, dass ich manchmal weinen könnte. Ich lerne mich zu erkundigen. Nein, mich zu erkunden. Ich versuche es zumindest. Und merke, wie wertvoll mir diese Momente sind. Das Wissen, dass es mir geschenkt wird, ohne es zur Gänze herbeiführen zu können. Ich denke nach, wie sich die Weichen stellen lassen könnten, damit die feinen Risse aufhören zu polten wie kleine klaffende Wunden am Körper, die es zwar gerne mögen an der frischen Luft zu sein, doch auch das Zugedeckt-werden schätzen. Ein feiner Hauch auf kleinen Wunden, die bekanntlich schneller heilen, so man sie offenlegt. Wind und Wunden die „durch und an“ gehen und ich nicht sicher bin, was genau auf der Haut getragen wird. Es sind mir so kostbare Momente, weil sie sich mir verschließen, und sich zeigen, kommen und gehen, wann sie wollen und ich lerne, genau dies auszuhalten. Die Wörter erscheinen mir manchmal so verletzlich in sich selbst verkrochen und trauen sich gar nicht raus. Diese großen Wörter meine ich, wie Hoffnung und Freiheit. Trost. Zukunft und Morgen. Verzeihen und Loslassen. Was bleibt, ist meist Gestammel. Denn in jenem Moment, wo ich ansetzte einen Buchstaben vor den anderen zu setzen, erscheint es mir schon wieder trivial. Wie fängt man denn an? Wie hofft man denn, ohne dass es platt und banal, im schlimmsten Fall, es zynisch wird? Nein, das soll es nicht sein. Hoffend, ganz leis und zärtlich. Wie ein kleines Pflänzchen im Herzen, das es zu hegen und zu pflegen gilt. Um das man sich kümmern muss. Das noch nicht genau weiß, was es werden will. Ob weiß oder lila. Wie sehr ich mir dies wünschte, für jeden Einzelnen, der mir begegnet, der oder die mir nie begegnete oder begegnen wird. Die Muße, der eigenen Farbigkeit und Vielstimmigkeit nachsinnen zu dürfen. Auf leisen Sohlen, mit tänzelnden Gebärden innen wie außen, also so mitten drin, ein Gefühl bekommen von: „Es geht“. Voran. Auch wenn alles offen ist. Und genau in diesem Moment keine Lebens-Angst haben zu müssen. "Das geht" mich an.
Vielleicht braucht es manchmal kleine Gesten, die dieses „es geht weiter und noch mehr“ erfahrbar werden lassen. Das treibt mich um. Wirklich sehr. Im Grunde weiß ich gar nicht, wo ich anfangen soll. Mit dem Sprechen, mit dem Tun. Und bevor ich mich auf den Kopf stelle: Vielleicht darf man Hoffnung manchmal an etwas festmachen. Wie an einen Brief in den man einen Schein legt, ohne je eine Erwiderung zu erwarten. Einfach geben. Ohne Gegenleistung. Einfach weil es nötig erscheint. Damit einmal wieder voller Lust und Laune eingekauft werden kann. Ein voller Korb ist etwas wirklich Feines, besonders dann, wenn man nicht darauf achten muss, wie viel die größte Tafel Schokolade kostet. Mir gefällt das Bild, den Zehnten zu geben. Für einen Menschen zum Beispiel, der nicht mehr weiß wohin, der oder die vielleicht nie ein Wort darüber verlieren würde. Ich frag mich, ob ich sie selber überhaupt sehe? Ich denke, es gibt momentan so viele Menschen, die Hilfe nötig haben. Emotional wie materiell. Und dann gibt es Menschen, die haben meinem Verständnis nach genug. Ich kann mir zwar nicht anmaßen darüber zu urteilen, wann genug genug ist. Aber ich würde mir ein ehrliches Hinschauen wünschen. Genug wäre, wenn am Ende etwas übrigbliebe, das man geben könnte, für jene, die es bitter nötig haben. Welch Farbfleck auf diesem grau in grau dies doch wäre. Warum nicht den Zehnten geben, wenn es einem selber nicht fehlt? Nicht weil ich es muss, sondern weil ich es kann. Welch Freiheit, die andere Freiheit will.



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