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Kleine Schwester - Großes Herz

Kleine Schwester - Großes Herz

Heute bin ich zu Gast an einem besonderen Ort. Ich stehe vor einem kleinen Haus in der Linzer Planckstraße. Ein mit einem Fahrradschloss an die Wand geketteter Sessel steht vor dem Eingangsbereich. Welch sprechendes Bild. Welch mehrdeutiges Bild. Meine erste Assoziation – und vermutlich erzeugt es bei anderen gegenteilige Bilder: Wer hier zu Gast ist, wird nicht abgewiesen und darf bleiben, um Durchzuatmen, um zu reden, das Herz auszuschütten oder um gemeinsam zu beten. “Kleine Schwestern Jesu” steht auf der Türklingel und auf dem Briefkasten. Heute bin ich eingeladen, die Gemeinschaft kennenzulernen und kann gleich vorausschicken, meine erste Assoziation wird sich bestätigen.  
Die Kleinen Schwestern wurde 1939 von Magdeleine Hutin gegründet, die tief berührt war von den Schriften und dem Leben des Charles de Foucauld (1858 – 1916), der als Eremit, Forscher und Seelsorger mitten unter den Tuaregs in der Wüste Algeriens lebte. Ein geistliches Leben mitten unter den Menschen zu führen, dies war der sehnlichste Wunsch Magdeleines, die nicht lange alleine blieb in ihrem Bestreben, Gott entdecken zu wollen in den Augen der Armen. Zunächst lebte auch sie in entlegenen Wüstengebieten, dann unter Arbeiter*innen in Frankreich, bis sich die Gemeinschaft über die ganze Welt verteilte. Unaufdringlich, achtsam, hörend und sehend, fast im Verborgenen und doch mitten im Leben des urbanen Trubels folgen die Schwestern ihrer Berufung: Menschen Ansehen zu schenken. Denn auch sie selbst wissen sich beschenkt von der Zusage geliebt zu sein - noch vor jeder Leistung. Dass die Kleinen Schwestern sehr genau wissen, was es bedeutet Leistung und Produktivität in beruflichen Kontexten aufbringen zu müssen, davon können Sie sich gerne selbst überzeugen, wenn Sie nun neugierig geworden sind, und weiterlesen möchten.

Kl. Sr. Veronika und Kl. Sr. Resi

Kl. Sr. Veronika und Kl. Sr. Resi

Ich werde empfangen von der Kleinen Schwester Friederike, eine in blauer Alltagsbekleidung gekleidete Frau mit einem schlichten Holzkreuz um den Hals. Das Blau der Kleidung und das Holzkreuz stellen ihre “Ordenstracht“ dar, die sie erkennbar macht und häufig zu Fragen führt, die in ein Gespräch münden. Ich werde zu einem kleinen Küchentisch geführt, der liebevoll gedeckt ist, samt selbst gebackenem Kuchen, geschenkten Kirschen und frisch gebrühtem Kaffee. Auf der Kommode steht ein Bild der kürzlich verstorbenen Kleinen Schwester Janine, die ich vor vielen Jahren persönlich kennenlernen durfte. Kleine Schwester Resi betritt den Raum und begrüßt mich herzlich, bis es an der Tür läutet und die dritte im Bunde, die Kleine Schwester Veronika die Wohnung betritt. Erst unlängst ist Kl. Sr. Veronika vom Honigschleudern aus Regelsbrunn zurückgekommen, wo sich eine Niederlassung von fünf Kleinen Schwestern befindet. Zur Zeit des Eisernen Vorhanges galt Regelsbrunn – zwischen Wien und Bratislava gelegen – für die Kl. Sr. Magdeleine als wichtige Station auf ihren Reisen in die osteuropäischen Länder. Meist sind es drei bis vier Kleine Schwestern verschiedenen Alters und Herkunft, die in Wohngemeinschaften leben und sich ganz bewusst an den “Rändern” der Gesellschaft niederlassen, um dort “Zeuginnen der Zärtlichkeit Gottes” zu werden. (nach Kl. Sr. Magdeleine)

Die Kleinen Schwestern teilen ihre Räume, ihren Alltag, beten und essen, lachen und weinen miteinander. Jede Wohnung ist mit dem Nötigsten ausgestattet, und seien sie auch noch so klein, es gibt immer einen besonderen Raum für das Gebet. Es ist Teil ihrer Sendung und ihrer Spiritualität zu wagen, woran sie glauben, dass Zusammenleben und Freundschaft trotz aller Verschiedenheiten gelingen kann - wer schon einmal in einer WG wohnte, weiß wie herausfordernd dies sein kann. Schwester und Freundin wollen sie besonders jenen sein, die in ihrem unmittelbaren Umfeld leben, deren Alltag nicht durch Außergewöhnlichkeit glänzt, sondern ganz schlicht und einfach vor ihnen liegt. Durch unaufdringliche Präsenz und ein unbedingtes Interesse an genau jenem Alltag der Menschen, wollen sie Beziehung wagen.

Kapelle in der Wohnung der Kleinen Schwestern

Kapelle in der Wohnung der Kleinen Schwestern

Zum Ordenscharisma der Kleinen Schwestern Jesu zählt neben dem kontemplativen Leben die Berufstätigkeit. Meist suchen sie bewusst nach Teilzeitanstellungen im Niedriglohnsektor, oder im Dienstleistungsbereich um sich ihren Lebensunterhalt zu verdienen und betonen stets, wie wichtig es ihnen sei, ihren Alltag selbst bestreiten zu können. 1964 wurde die Niederlassung in Linz gegründet und es ist gleichzeitig jenes Jahr, in welchem die Katholische Kirche die Gemeinschaft der Kleinen Schwestern Jesu als offiziellen Orden anerkannte. Im Linzer Barackenviertel Wegscheid fanden die Kleinen Schwestern ihren ersten Wirkungsort, wo sie für die zahlreichen Flüchtlingsfamilien, die in ärmlichsten Verhältnissen lebten, antreffbar waren.

Bis 2001 lebten die Kleinen Schwestern in der Fröbelstraße und haben nun ihren Platz in der Planckstraße gefunden, einem bunten Viertel, in dem sie Tür an Tür mit Arbeiter*innen, Senior*innen, Migrant*innen und Kindern leben. Schwester Friederike spricht gerne von “ihren Kindern“, die nebenan im Hof spielen und allzu gerne um ein Marmeladebrot bitten, das sie ihnen durch das geöffnete Küchenfenster reicht.

Eine tiefe Verbundenheit mit den Menschen in ihrem Viertel ist zu spüren, wenn die Schwestern von den Menschen sprechen, für die sie sich verantwortlich fühlen.

Kl. Sr. Friederike

Kl. Sr. Friederike

Früher seien es mehr Arbeiter*innen gewesen, mit denen sich die Kleinen Schwestern solidarisierten, heute hätten sich die Themen und die Herausforderungen stark verändert, wie mir Schwester Resi erzählt. Gegenwärtig gehe es viel stärker um Alter, Pflege, Einsamkeit und häufig um die Angst, sich Wohnraum nicht mehr leisten zu können. Die Schwestern unterstützen die Menschen aus ihrer Nachbarschaft bei ganz konkreten Fragen rund um Sachwalterschaft, Möbel, Pflegegeld, koordinieren Termine mit dem Roten Kreuz oder der Bank. Für Schwester Friederike ergeben sich diese Kontakte “spontan“, besonders, weil die Schwestern zu Hause oder im Viertel unterwegs seien, und das schätzen die Menschen.
Es könne vorkommen, dass jemand auch 4-5-mal am Tag anruft. “Es sind oft Freunde die keine Angehörigen haben, aber jetzt haben sie uns“, so Schwester Friederike.

“Oft fangen Gespräche ganz klein an.” (Kl. Sr. Resi)

Schwester Resi, die fast drei Jahre in Marseille gelebt hat, betont gerne, dass sie ihren Alltag mit “Aufmerksamkeit“ zu gestalten versucht. In Marseille im “Rotlichtmilieu“ oder auch in der Schuhfabrik hat sie als Kleine Schwester mehrfach folgende Erfahrung gemacht: “Oft fangen Gespräche ganz klein an, und führen dann in die Tiefe. Manchmal verhindert man – als Ordensfrau – ein Gespräch und manchmal fördert man dies, ich habe beides erlebt,“ erinnert sich Schwester Resi, die das “leben und arbeiten“ als ein verbindendendes Element unterstreicht, aus dem Vertrauen wachsen kann.

Den Kleinen Schwestern geht es nicht um Missionierung, oder um das Überzeugen von Menschen, sondern um Präsenz, sich immer wieder selbst überraschen und beschenken lassen zu lernen von Augen, Ohren und Händen, die nicht die eigenen sind, die bereit sind, zu nehmen und zu geben

Kl. Sr. Resi

Kl. Sr. Resi

Für die Kleine Schwester Veronika ist nach dem Erneuerungsjahr in Rom, im Dialog mit der Gemeinschaft die Entscheidung getroffen worden, weiterhin alleine zu leben, wenn sie doch verfügbar bleibt, wenn Gemeinschaften Hilfe brauchen. Sie lebt in einem Haus in Bahnhofsnähe mit vielen kleinen, sehr bescheidenen 1-Zimmer-Wohnungen, die von älteren Menschen, Arbeiter*innen sowie von Studierenden bewohnt werden. Dort möchte sie antreffbar und ansprechbar bleiben für die Menschen, die sie umgeben.

“Was ist es, das mich so berührt?” (Kl. Sr. Veronika)

Bereits in jungen Jahren verspürte Kl. Sr. Veronika eine tiefe Sehnsucht danach, Gott ihr Leben schenken zu wollen und blieb gleichsam sehr auf der Suche nach ihrem Platz. Sie erzählt mir von dem Moment, als sie das erste Mal von den Kleinen Schwestern hörte, besonders von jener Schwester, die mit den Ärmsten gemeinsam in Baracken lebte. Wo kaum jemand Arbeit hatte, bis auf die Kleine Schwester selbst, wo 70 Familien auf dem engsten Raum miteinander leben mussten. “Das hat mich sehr berührt!“, erinnert sich Kl. Sr. Veronika und erzählt mir von ihrer großen Sehnsucht, den Menschen in ihrer Not ganz nahe sein zu wollen, den Alltag mit ihnen zu teilen, um sie dort noch tiefer entdecken zu können. Sie erinnert sich auch an ihre Jugendzeit “als das alles ganz weit weg war“ und meint damit ihre Sehnsucht Gott ihr Leben anvertrauen zu wollen. Als die junge Frau Veronika, die im Gastgewerbe groß wurde, die Möglichkeit hatte zu heiraten, da wusste sie: “Nein, das geht nicht!“
Als sie bei ihrem ersten Besuch bei den Kleinen Schwestern Jesu in die kleine Kapelle ging, blickte sie das Jesus-Kind in seiner Krippe liegend an und es schien, als würde es ihr flüstern: “Komm her, leg alles hin.“, erinnert sich Kl. Sr. Veronika noch sehr genau. Von tiefen Gefühlen aufgerührt und erfüllt, folgte eine ebensolche emotionale Heimfahrt, die sie bei Rot über die Ampel fahren ließ, wie mir Kl. Sr. Veronika schmunzelnd erzählt. Viele Fragen gingen ihr durch den Kopf: “Was ist es, das mich so berührt?“. Und Schwester Veronika erinnert sich an ein zweites Bild, welches ihr nahe rückte: “Ich muss meinen Weg gehen wie Abraham aufbrach ins Ungewisse der Verheißung.“

“Jetzt bist du eine von uns geworden!”

So folgte Veronika diesem inneren Ruf, zu dem Zweifel ganz selbstverständlich gehörten und wurde eine Kleine Schwester Jesu. Über 19 Jahre arbeitete sie bei der Post am Paket-Schalter, als Reinigungsfachkraft, als Briefträgerin – ein Bereich, der ihr viele Kräfte abverlangte und als Portierin in Linz. Sie denkt gerne an den Moment, als ihr der Wassereimer umkippte und sie schimpfte. Ein Kollege, der vorbei kam und den Fluch mitbekommen hatte, sagte: “Jetzt bist du eine von uns geworden!“
Als sich einst die Kleinen Schwestern gemeinsam entschieden den Schleier wegzulassen, um in ihrer blauen Kleidung mit dem Holzkreuz um den Hals noch schlichter und einfacher unter den Arbeiter*innen zu sein, da war es Veronikas kirchenkritischer Chef bei der Post, dem dies sofort auffiel: “Kl. Sr.  Veronika, müssen Sie denn bei jedem Blödsinn mitmachen?“, entgegnete er ihr verwundert, ob der Entscheidung, das sichtbarste Symbol der Zugehörigkeit zur Gemeinschaft ablegen zu wollen.

“Ja, ich denke an dich im Gebet.” (Kl. Sr. Veronika)

Dabei betont Veronika, wie wenig sie es darauf angelegt hatte, tiefe Gespräche anzustoßen und doch hätten dies stattgefunden. Tod, Trauer und Verluste waren Themen, die ihr am Arbeitsplatz anvertraut wurden. “Ich würde aber nicht sagen, dass sie mich brauchten. Ich war einfach da. Es war mir immer wichtig achtsam zu sein, für das, was da war“, erzählt Kl. Sr Veronika. Häufig war es der kurze Satz: “Du, denk bitte an mich.“, der sie berührt und den sie gerne erwidert: “Ja, ich denke an dich im Gebet.“ Und schreibt manchmal einen Namen, einen Gedanken auf ein Stück Papier und legt es in ein Gefäß in ihrer Wohnung, das immer voller wird. Am Wichtigsten war und ist es Kl. Sr. Veronika “Treue und Beziehung“ zu leben an jedem Platz, an dem sie tätig sein darf. So war es schlussendlich ein Arbeiter, der sie mit Sack und Pack von Wien nach Linz brachte, als sie ihren Arbeitsplatz wechselte. Wann immer Kl. Sr. Veronika einen Postwagen sieht, fühlt sie sich berührt und dankbar: “Ich hab mir immer gedacht, welchen Beruf gibt es auf der ganzen Welt? Bei der Post fühlte ich mich immer sehr international“, so Kl. Sr. Veronika, die noch heute mit ihren ehemaligen Kolleg*innen in Kontakt steht und jedem Menschen, der bei der Post arbeitet, größten Respekt zollt.

Kl. Sr. Veronika

Kl. Sr. Veronika

Kl. Sr. Friederike, selber in einem Flüchtlingslager aufgewachsen, hatte dort das tiefe Empfinden: “So musste es wohl auch in Nazareth ausgesehen haben“ und verspürte die Sehnsucht, Jesus zu den Menschen zu tragen. “Jesus hat ja auch in der Familie gelebt“, so Schwester Friederike und erinnert sich dabei an ihre Wallfahrt nach Mariazell, wo sie eine Marienstatue mit dem Jesuskind in der Hand sah und tief bewegt von diesem Bild wusste, auch sie möchte ihr Leben den Menschen schenken. Schwester Friederike kennt einige Stationen in ihrem Leben, bevor es sie nach Linz in die Planckstraße verschlug.
Ausbildung, Theologische Bildung, emotionale sowie spirituelle Beweglichkeit und Mehrsprachigkeit – im weitesten Sinne – galten Schwester Magdeleine als Grundpfeiler für das Leben ihrer Mitschwestern, die auf der ganzen Welt vertreten sind.
Verbundenheit, Treue und Beziehung unter den Schwestern sind wertvolle und wichtige Momente ihrer internationalen Gemeinschaft. Besonders seit Corona viele Kontakt-Beschränkungen mit sich brachte, erleben die Schwestern “Technik als Segen“, die ihnen stärker als zuvor ermöglicht, mit ihren Mitschwestern zu kommunizieren. Den Medien ihren fixen, wenn auch einzuschränkenden Platz zuzuweisen, ist ein Erfordernis, das sie vermutlich mit sehr vielen Menschen auf der Erde teilen.


Die Kleinen Schwestern Jesu in der Schnellantworterunde

Was ist dir heilig?
Kl. Sr. Veronika: “Heilig ist für mich die Beziehung zu Gott und den Menschen.”

Wann hüpft dein Herz?
Kl. Sr. Friederike: “Wenn ich die Kinder spielen sehe. Und wenn ich Beziehungen erlebe, die gut tun.”

Worauf könntest du nie verzichten?
Kl. Sr. Resi: “Auf meine Ruhe-Zeiten. Wo ich richtig “gammeln“ kann und ich mein Tempo leben darf.”

Ist dir schon Mal ein Wunder begegnet?
Kl. Sr. Veronika: “Ja.”
Kl. Sr. Resi: “Ja.”

Was ist ein Wunder für dich?
Kl. Sr. Veronika: “Wenn sich etwas ergibt, wo ich nicht damit rechne.”
Kl Sr. Resi: “Als ich erfahren habe, dass ich beschützt bin. Wie damals als ich an einem grauen Novembertag den Zebrastreifen bei einer sehr befahrenen Kreuzung überquerte, ein Auto links eingebogen hatte, und der Spiegel des Autos meinen Arm streifte. Da war ich wirklich beschützt.”
Kl. Sr. Friederike: “Damals, als ich bei den Kleinen Schwestern eintreten wollte. Um vier Uhr morgens bin ich aufgebrochen um nach Mariazell zu fahren, da war mir mein Vater plötzlich so präsent. Ich habe zu ihm gebetet und ihn gebeten, mich doch zu beschützen. Ich habe gespürt, mein Papa ist zwar jetzt im Himmel, aber in diesem Moment ist er da bei mir.”


Wie dankbar ich bin um die Möglichkeit, die Kleinen Schwestern Jesu kennengelernt haben zu dürfen. Das, womit sie mich beschenkten, ist alles andere als klein. Selten überkommt mich ein derartiges Gefühl, uneingeschränkt willkommen zu sein, mit allem, was ich bin, was ich sein möchte oder nie sein kann, schlicht, mit aller Sehnsucht im Unausgesprochenen. Ich kam als Kundschafterin, ja, als Wundersucherin und wurde mit so viel Zärtlichkeit und Ruhe im Herzen beschenkt. Ich durfte die Erfahrung machen, dass es so viele Wundersucher*innen gibt. Meine Tage in dieser wunderbaren Projektanstellung sind gezählt, und ich bin ganz erfüllt von dem Gedanken, dass es Menschen gibt, die immer schon suchend und mitten unter den Menschen der Stadt anzutreffen waren, um das Wunder im ganz Kleinen aufzuspüren. Die Kleinen Schwestern lassen mich staunen und ich denke, es gäbe noch Vieles von ihnen zu lernen. Eines geht mir nicht mehr aus dem Kopf: Wer sich selbst verschenken möchte, muss gut auf sich achten, darf, nein, muss sogar die Stille wachhalten, um in Berührung zu kommen mit sich, der Welt und dem großen Geheimnis, das viele von uns Gott nennen. Ich denke an die englische Schriftstellerin Virginia Woolf, an ihren Essay „Ein Zimmer für sich allein“, mit dem sie die Möglichkeitsbedingung schöpferisch und frei denken, arbeiten, Sein zu können betont. Ich frage mich, wie es gelingen kann, sich ein Zimmer in sich selbst einzurichten und offen zu halten?

Kompromisslos Raum-geben für das Gebet, das achtsame Wahrnehmen, das durfte ich fühlen bei den Kleinen Schwestern. Ein Raum, in dem eine andere Ordnung herrscht. Es fasziniert mich wie diese Frauen leben. Ich staune über ihren Mut, ihre Freundschaft. Ihr Vertrauen in Gott und die Welt – ohne diesen groß ins Wort zu bringen. In ihrer Demut, die sie alles andere als klein macht, sondern die ganz viel Anmut und Schönheit durchscheinen lässt. Unbedingtes Interesse an den Sorgen und Nöten der Menschen, ja, das sollte es doch sein, worauf sich Kirche verständigen könnte. Räume öffnen, die einladen zu verweilen. Türen offenhalten, die Neugierde wecken durchzuschreiten. Bänke aufstellen, die sagen: Komm, setz dich her. Tische bereitstellen, die sagen: Leg ab, was du nicht tragen kannst. Menschen frei geben, die sich und ihre Zeit mit Freude verschenken. Vielleicht wird sich Kirche daran messen müssen: Dass Beziehung glaubwürdig ist, dass erfahrbar wird, was uns an Glaube und Hoffnung geschenkt ist. Dass ich Dir glauben schenke, woran Du glauben kannst, ohne dass ich es teilen müsste. Vielleicht benötigt es dafür viel weniger, als man denkt. Nicht die vollen Gotteshäuser, nicht die perfekte Liturgie, keine gefüllten Hörsäle oder bunte Magazine mit überdimensionierten Portraits, kein Blog. Vielleicht reicht die Zusage: “Ich bin da.“

mehr Informationen über die Gemeinschaft finden Sie hier:

Kleine Schwestern Jesu


Wenn im Loslassen neues Leben entsteht

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MittagsGebet

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