Gott: Wer. Was. Wie. Wann. Wo. Bist DU?
Je mehr ich das Wort in den Mund nehme, es drehe und wende, damit spiele, es schmecke, umso mehr scheint es sich zu entziehen, oder besser noch, zu verschwinden. „Gott“. Als müsste ich die Anrede jenseits der Anreden noch erfinden. Und die Identität jenseits der Geschlechter erst klären. Ist das überhaupt wichtig und notwendig zu klären wie wir miteinander reden sollen? Wie ich sprechen soll von dir? Ich denke ja, denn schon lange bist du kein großväterlicher Mann mit Bart für mich, obwohl, manchmal vielleicht doch. Aber dann musst du es aushalten, auch mal Frau zu sein, oder nichts von beidem. Eben, ein grüner verliebter Smaragd. Ein gaukelnder Tropfen. Ein bunter Hund. Ein Punkt im Satz. Doch meistens komme ich zurück auf eine Formel: DU.
Ich weiß, DU bist meinen Bildern ausgesetzt und kannst dich auch nicht wehren. Keine Sorge, ich bin mir meiner Projektionen und Malereien meistens bewusst. Dann ruft es immer wieder laut in mir: DU bist nicht gut und nicht gerecht. Jedenfalls nicht so wie ich versuche das Gut-Sein und das Gerecht-Sein zu denken und zu verhandeln. Nützlich bist DU schon gar nicht. Aber das macht nichts, das mag ich sogar sehr gerne, denn das schaufelt dich ziemlich frei. DU bist. Ja, wer jetzt?
DU bist nicht so wie ich dich haben möchte. DU entsprichst keinem einzigen Bild. DU bist nicht nützlich und nicht zweckgebunden. Ich kann dich nicht ergreifen. Dich schon gar nicht besitzen. Ich hefte dich auf keine Fahne. Ich kann dich nicht einsperren in einen Schrein, auch wenn der noch so kostbar ist und teuer. Ich kann dich nicht an mich fesseln. Die, die es wollen, sind mir suspekt. Was DU mir bist, beruht auf deinem Versprechen. Das heißt, ich bleib gefordert, dir zu vertrauen. Dein Exil ist mein Alltag. DU steckst wohl im Detail. Und manchmal fallen mir Schuppen von den Augen.
Das DU ist wie ein ICH. Sich ineinander spiegelnde Geheimnisse, die bleiben was sie sind: Entbergend verborgen. Im Augenblick die Spur freilegend. Das Innerste wachrüttelnd. ICH will DICH. Anders als du denkst. So wie ICH BIN: Frei.
Schau dich um. Lerne. Taste. Stolpere. Schaufle dich frei. Denke groß. Fühle weit. Bitte um einen Spiegel. Lerne von den Lilien des Feldes. Und vom Tropfen im Meer. Von den gelben Punkten auf dem Körper des Salamanders. Sei vorsichtig vor denen, die dich binden. Gib frei. Übe dich im Tanz auf den Seilen. Lote dein Blickfeld aus. Trainiere deine Leidenschaften. Lass dich fallen. Bleib stetig unterwegs. Übe dich im Mit-Fühlen. Sei demütig und werde groß. Bleib dir selber ein bisschen Geheimnis. Aber lass dich ab und an enttarnen.