Assumpta
Wenn ich den Linzer Mariendom betrete, dann drängt sich mir meist eines der ganz weit entfernten Bilder auf, das aber ganz zentral in diesem Raum seine Wirkung entfaltet. Das Fenster setzt eine Hoffnung ins Bild und fordert mich jedes Mal aufs Neue in meinem Nachdenken über dessen Bedeutung. Steht auch mir der Himmel offen? Nehme auch ich den Himmel auf bei mir? Will das Symbol weniger eine Aussage über Künftiges tätigen als es eine Botschaft für mich mitten in meinem alltäglichen Ringen um die offenstehenden Pforten ist? Man könnte sich wohl den Kopf darüber zerbrechen und würde an kein Ende kommen, wollte man verstehen, wie das denn gehen sollte mit der leiblichen Aufnahme Mariens in den Himmel und würde die Absicht dieses Narratives verkennen. Denn geht es nicht bei jedem performativen Symbol darum sich betreffen und wandeln zu lassen im hier und jetzt? Die Aufnahme Mariens in den Himmel und die Betonung der Leiblichkeit betrifft mich ganz und gar, will es doch kein exklusives Recht einer einzigen Figur darstellen. Es bedeutet für mich, dass auch meine Körperlichkeit, meine Einheit als geistig, materielles Wesen gewollt ist. Nicht das eine Prinzip steht über dem anderen, nein, ganz im Gegenteil, es betrachtet meinen Körper als einen Tempel meiner Geschichte, den es zu schützen, zu versorgen, zu umsorgen gilt. Der Körper ist nicht ein zu vernachlässigendes Vehikel, sondern ich bin Leib. Und dieser Leib mit all seinen Narben und Verwundungen, mit seinen Fältchen und Verkrümmungen, in seiner ganzen unergründlichen Schönheit will Beachtung finden. Dieser offenstehende Himmel kommt mir täglich in Gesichtern und Geschichten, in Pflanzen, Wind und Wetter, in Lächeln und Weinen entgegen und fordert etwas ein. Fordert mich ein. Mit Bedacht und Sorgfalt Worte, Gesten und Schritte zu wählen.
Letztendlich bleibt es eine Hoffnung, dass am Ende meiner Tage jene zugefügten Verwundungen, die ich nicht versorgen konnte, die nicht wieder gut gemacht werden konnten eine Umsorgung erfahren, die mich und andere heil werden lassen. Die Spuren eines gelebten Lebens, die bleiben, werden nicht weggewischt oder wegdiskutiert und sind doch aufgehoben. Vielleicht kommt eines hinzu: Ehrliches Hinschauen auf das Fragment. Das Standhalten-Können eines Angeblickt-Seins. Ein Lächeln, und die Versöhnung greifbar nah. Ja, das bleibt m/eine tägliches Hoffnungstraining.